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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Beschluss verkündet am 29.01.2001
Aktenzeichen: 2 Ss 981/2000
Rechtsgebiete: StGB, StPO


Vorschriften:

StGB § 177
StGB § 20
StGB § 21
StPO § 344
Leitsatz

Zum besonders schweren Fall der sexuellen Nötigung nach § 177 Abs. 2 Nr. 1 StGB


Beschluss Strafsache gegen G.L.

wegen Vergewaltigung.

Auf die Revision des Angeklagten gegen das Urteil der 1. großen Jugendkammer des Landgerichts Hagen vom 30. Mai 2000 hat der 2. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 29.01.2001 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht und die Richter am Oberlandesgericht nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft gem. § 349 Abs. 2 StPO einstimmig beschlossen:

Tenor:

Die Revision wird auf Kosten des Angeklagten verworfen.

Gründe:

I.

Das Amtsgericht Hagen hat den Angeklagten wegen sexueller Nötigung in einem besonders schweren Fall zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren unter Strafaussetzung zur Bewährung verurteilt. Auf die dagegen gerichtete Berufung der Staatsanwaltschaft hat das Landgericht den Angeklagten im angefochtenen Urteil wegen Vergewaltigung zu einer Freiheitsstrafe von 2 Jahren und 9 Monaten verurteilt. Hiergegen richtet sich nun noch die Revision des Angeklagten. Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt, das Rechtsmittel zu verwerfen.

II.

Die Revision des Angeklagten ist zulässig, hat in der Sache jedoch keinen Erfolg. Die Überprüfung des angefochtenen Urteils lässt Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten nicht erkennen, so dass die Revision des Angeklagten - entsprechend dem Antrag der Generalstaatsanwaltschaft - gemäß § 349 Abs. 2 StPO zu verwerfen war.

Der besonderen Erörterung bedürfen lediglich folgende Punkte:

1.

Die formelle Rüge des Angeklagten, mit der mit der Aufklärungsrüge geltend gemacht wird, dem Landgericht habe sich die Einholung eines Sachverständigengutachtens zu den §§ 20, 21 StGB aufdrängen müssen, da der Angeklagte bisher ein unbestrafter Mann sei, die (erste) Straftat im Alter von fast 50 Jahren spreche für eine alterbedingte Verminderung der Hemmungsfähigkeit, ist schon nicht ausreichend im Sinn von § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO begründet. Abgesehen davon, dass die Revision das aufgrund dieser Beweiserhebung zu erwartende Beweisergebnis nicht konkret mitteilt (vgl. dazu Kleinknecht/Meyer-Goßner, StPO, 44. Aufl., 1999, § 244 Rn. 81), wäre vorliegend nach Auffassung des Senats weiterer Vortrag dazu erforderlich gewesen, warum bei dem zur Tatzeit noch nicht einmal 50 Jahre alten Angeklagten von einem Altersabbau ausgegangen werden muss. Die von der Revision zur Stützung ihrer Ansicht angeführten BGH-Beschlüsse vom 8. bzw. 25. November 1988 (BGHR § 21 Sachverständiger 5 und 6) betrafen Angeklagte, die bereits 71 bzw. 72 Jahre alt waren.

2.

Die auf die Sachrüge vorgenommene Überprüfung des angefochtenen Urteils lässt ebenfalls den Angeklagten beschwerende Rechtsfehler nicht erkennen.

Die Strafkammer hat der Verurteilung zu Recht den Strafrahmen des § 177 Abs. 2 Nr. 1 StGB zugrunde gelegt. Nach den getroffenen Feststellungen hat der Angeklagte die Geschädigte nicht nur zum eigentlichen Oralverkehr, sondern auch noch dazu gezwungen, den Erguss im Mund zu dulden und das Ejakulat herunterzuschlucken. Damit entfällt die Regelwirkung des § 177 Abs. 2 auf keinen Fall. Dahinstehen kann, inwieweit die Geschädigte, die trotz der immer wieder vorgekommenen Übergriffe des Angeklagten diesen weiter besucht hat, das Entstehen der Situation, die dann zu der Tat geführt hat, mitbegünstigt hat. Jedenfalls weicht das Tatbild vom "Normalfall" des erzwungenen Oralverkehrs derart deutlich zu Lasten des Angeklagten ab, dass vorliegend die Regelwirkung auf jeden Fall gegeben ist. Denn erfüllt schon der "Normalfall" des Oralverkehrs den Tatbestand des § 177 Abs. 2 Nr. 1 StGB (vgl. dazu BGH NJW 2000, 672, 673) mit der Folge, dass eine "besondere Erniedrigung" nicht festgestellt werden muss, gilt das erst recht, wenn der Täter das Opfer zwingt, den Erguss im Mund zu ertragen und das Ejakulat zu schlucken.

Die Strafkammer hat auch - entgegen der Ansicht der Revision - den Oralverkehr nicht strafschärfend berücksichtigt und damit ggf. gegen das Doppelverwertungsverbot nach § 46 Abs. 3 StGB verstoßen. Strafschärfend ist nämlich nicht (noch einmal) der eigentliche Oralverkehr herangezogen worden, sondern vielmehr die weiteren Tatumstände: Erguss im Mund und Schlucken des Ejakulats. Das wird in der vom Landgericht gewählten Formulierung: "neben dem Oralverkehr hinaus auch noch den Samenerguss im Mund des Tatopfers und das Herunterschlucken des Ejakulats gezwungen hat" sichtbar deutlich.

Schließlich ist auch die eigentliche Strafzumessung nicht zu beanstanden. Unabhängig davon, dass diese nur in begrenztem Rahmen einer revisionsgerichtlichen Überprüfung zugänglich ist (vgl. BGHSt 34, 345, 349), ist nicht zu beanstanden, dass die Strafkammer auch darauf abgestellt hat, dass "die abzuurteilende Tat nicht isoliert im Raume steht, also ein spontaner und einmaliger "Ausrutscher" wäre, sondern dass der Angeklagte diese Tat durch die vorherigen sexuellen Übergriffe zu Lasten der Zeugin praktisch vorbereitet hat". Mit dieser Formulierung werden nämlich nicht die von der Strafkammer zwar festgestellten, jedoch nicht angeklagten, vorhergehenden sexuellen Übergriffe des Angeklagten straferhöhend angeführt. Vielmehr soll diese - sprachlich nicht gelungene - Passage in der Strafzumessung nach Auffassung des Senats erkennbar nur deutlich machen, dass es sich bei der Tat des Angeklagten nicht um eine spontane Tat gehandelt hat, sondern sie von langer Hand vorbereitet worden ist, was ihren Unrechtsgehalt erhöht hat.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 473 Abs. 1 StPO.



Ende der Entscheidung

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